Libyen
Geschichte Libyens von der Unabhängigkeit bis heute
Königreich Libyen (1951-1969)
1951 wurde Libyen in die Unabhängigkeit entlassen. Es wurde ein Königreich unter König Idris I. Er war das Oberhaupt der Sanussi-Bruderschaft, einer islamischen Bruderschaft. Diese hatte seit 1843 die Kyrenaika, also den Osten des heutigen Libyen, beherrscht.
Libyens historische Provinzen Tripolitanien, Fessan und die Kyrenaika wurden zu Bundesstaaten des Landes. Doch die Regierung erwies sich dadurch als schwerfällig. 1963 schaffte man die Bundesstaaten ab und schuf nun zehn Provinzen, die aber zentral von Tripolis aus regiert wurden.
Libyen suchte eine Bindung zu den westlichen Staaten. So erhielt das Land finanzielle und militärische Unterstützung von Großbritannien und den USA, wofür diese Länder als Gegenleistung Militärstützpunkte in Libyen errichten durfte. In der Bevölkerung aber wuchs der arabische Nationalismus. 1959 entdeckte man reiche Erdölvorkommen auf libyschem Boden. Wirtschaftlich kam es zu einem enormen Aufschwung.
Arabische Republik unter Muammar al-Gaddafi (1969-2011)
Am 1. September 1969 beendete ein Putsch durch mehrere Offiziere die Zeit des Königreichs Libyen. Idris befand sich gerade im Ausland. Muammar al-Gaddafi führte diesen Putsch an. Er rief Libyen als Arabische Republik aus. Ein revolutionärer Kommandorat unter seiner Führung übernahm die Macht.
Parteien waren nicht zugelassen. Die Erdölgesellschaften wurden verstaatlicht. Mit Ägypten und Syrien tat sich Libyen 1970 zu einem Staatenbund (Föderation Arabischer Republiken) zusammen, der aber 1977 wieder zerbrach. 1977 machte Gaddafi das Land zu einer sozialistischen Volksrepublik. Mit Ägypten kam es 1977 und mit dem Tschad zwischen 1978 und 1987 zu einem Krieg wegen Grenzstreitigkeiten. Gaddafi trat 1979 von allen Staatsämtern zurück, blieb aber "Revolutionsführer" und hatte weiterhin die Macht im Staat inne. Er regierte diktatorisch. Politische Gegner wurden verfolgt, gefoltert und hingerichtet. Es gab keine Pressefreiheit.
Libyen unterstützte terroristische Organisationen, die insbesondere Attentate ausübten, die sich gegen die USA und Israel richteten. Die USA verhängte darum 1986 ein Wirtschaftsembargo gegen Libyen. 1992 beschlossen auch die Vereinten Nationen nach weiteren Terroranschlägen (insbesondere dem Lockerbie-Anschlag 1988) ein Embargo. Diese galten bis 1999.
Im Jahr 2000 wurde die zentrale Verwaltung zugunsten regionaler Parlamente aufgegeben. 2003 wurden die letzten Embargomaßnahmen aufgehoben. Außenpolitisch öffnete sich das Land nun. Wirtschaftlich wurde der Kurs geändert, indem staatliche Unternehmen zunehmend privatisiert wurden.
Bürgerkriege in Libyen und Tod von Gaddafi
Im Februar 2011 begann Gaddafis Herrschaft zu bröckeln. Durch die Privatisierungen von Firmen war die Arbeitslosigkeit stark gestiegen. Immer mehr Menschen zogen in die Städte, es gab immer mehr junge Leute, die unzufrieden waren. Schon im Dezember 2010 hatte der sogenannte Arabische Frühling in Tunesien begonnen. Nun kam es auch in Libyen zu Aufständen. Bengasi wurde von Gegnern Gaddafis eingenommen.
Das libysche Militär unterdrückte die Demonstrationen gewaltsam. Milizen taten sich zur Libyschen Nationalen Befreiungsarmee zusammen, um Gaddafi zu stürzen. Ein Bürgerkrieg brach aus. Die Vereinten Nationen beschlossen eine Flugverbotszone über Libyen, um die Zivilbevölkerung zu schützen. Weil diese nicht eingehalten wurde, kam es ab dem 19. März 2011 zu einem internationalen Militäreinsatz. Nach mehreren Monaten wurde Gaddafi schließlich am 22. August gestürzt. Am 20. Oktober wurde er aufgegriffen und kam unter ungeklärten Umständen ums Leben.
Spaltung von Libyen
Ein Nationaler Übergangsrat übernahm die Macht. Am 7. Juli 2012 wurde schließlich ein Nationalkongress gewählt. Die Verhältnisse stabilisierten sich jedoch nicht. Mehrere Gruppierungen kämpfen um die Macht. 2014 brach erneut ein Bürgerkrieg aus. Die gewählte Regierung wurde in den Osten des Landes gedrängt und erklärte Tobruk zum Sitz ihrer Regierung. Ihre Gegner erklärten sich ebenfalls zur Regierung. Diese islamistische Gegenregierung behielt ihren Sitz in Tripolis.
Ebenfalls um die Macht im Land rang die Terrororganisation "Islamischer Staat". Sie rief im Herbst 2014 ein Emirat in Libyen aus und bekämpfte beide Regierungslager. Sie konnte einige Gebiete unter ihre Kontrolle bringen. Vor allem in ihrer Hochburg Sirte errichtete sie eine Terrorherrschaft, die geprägt war von Gräueln und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. 2016 wurde Sirte zurückerobert und vom IS befreit.
Hunderttausende Flüchtlinge machten sich 2015 auf den Weg und flohen innerhalb des Landes in sicherere Gebiete oder aus dem Land, insbesondere nach Tunesien.
Politische Lage ab 2015
Ab Juni 2015 fanden Friedensverhandlungen statt. Am 17. Dezember 2015 wurde zwischen den Lagern aus Tobruk und Tripolis ein Friedensvertrag vereinbart. Bis 2018 sollte der Neuaufbau des libyschen Staates erfolgen. Eine Einheitsregierung regierte unter Fayiz as-Sarradsch. Er war seit dem 15. März 2016 der international anerkannte Ministerpräsident Libyens.
Allerdings blieb Libyen nach wie vor gespalten in einen Machtbereich im westlichen Landesteil und einen von Chalifa Haftar im Osten.
Viele Menschen leben noch immer in Flüchtlingslagern. Viele hungern und sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Neben den Flüchtlingen im eigenen Land kommen Menschen aus anderen Ländern, die über Libyen nach Europa fliehen wollen.
2020 einigte man sich auf einen Waffenstillstand. 2021 wurde Abdel Hamid Dbeiba Ministerpräsident im Westen. Im Osten regiert Osama Hamada seit Mai 2023. Eine Übergangsregierung wurde gebildet und Wahlen angekündigt. Die wurden aber verschoben. Nach wie vor gibt es keine Einigung.