Marshallinseln
Stell dir vor, du wärst dieser Junge auf den Marshallinseln
Wenn du auf den Marshallinseln wohnen würdest, dann hätte deine Familie vielleicht in Majuro, der Hauptstadt der Inseln, ein kleines Häuschen. Hier würdest du morgens beim Aufstehen auf den Pazifik blicken. Deine Nachbarn hätten einen Wohnwagen. Wenn du auf die Straße hinaus gingest - Majuro hat nur eine einzige Straße - könntest du die Lagune sehen. Dort würde dein Vater arbeiten und versuchen, mit seinen Fischen, die er jeden Tag fängt, die Familie zu ernähren.
Viele Verwandte würden mit im Haus wohnen. Deine Eltern, deine fünf Geschwister, deine vier Cousinen, Onkel, Tante und die Großmutter. Der Großvater ist schon lange gestorben. Dazu kämen drei kleine Kätzchen und mehrere Hunde, auch die würden im Haus wohnen. Einfache Matten lägen auf dem Boden, Betten gäbe es keine. Ungeziefer würde dir das Leben schwermachen und am Boden und an der Wand krabbeln. Aber du hättest einen kleinen Garten, in dem du mit deinen Geschwistern und den vielen Kindern aus den Häusern nebenan spielen könntest. Am liebsten würdet ihr Basketball spielen. Es gäbe sogar einen Korb, der an der Hauswand des Nachbarhauses hängen würde. Da wäre auch dein bester Freund.
Doch er wird nicht lange mehr dein Freund sein können, jedenfalls nicht so nah im Haus nebenan. Seine Eltern wollen die Marshallinseln verlassen. Sie sagen, alles sei schlecht hier. Es gäbe keine Ärzte und keine gute Schule. Saubereres Wasser ist selten und der Boden oft viel zu trocken, um Gemüse anbauen zu können. Für deinen Freund Najo gäbe es auch keine gute Schulbildung. Und er soll es einmal besser haben. Deshalb gehen sie nach Amerika, um dort zu arbeiten.
Najo weiß gar nicht, wo dieses Amerika liegt, wohl ziemlich weit weg. Da gäbe es sogar gefrorenes Wasser, das man "Schnee" nennt. So etwas kannst du dir gar nicht vorstellen. Sein Vater hat dort Arbeit gefunden, in einer Fabrik. Von dem Lohn könnten sie wenigstens leben, meint Najo. Oder es meint sein Vater, denn Najo selbst hat gar keine Lust auf Amerika. Er liebt es, sich nach der Schule mit dir zu treffen, Muscheln zu sammeln und am Strand mit den anderen Kindern zu kicken. In Amerika soll es überall Straßen geben und so viele Autos und es wäre auch ziemlich gefährlich.
Gefährlich wäre es auch hier, sagt allerdings Najos Mutter. Das Meer hole sich das Land und bald würde alles unter Wasser stehen.
Deine Mutter und dein Vater würden auch gerne gehen. Aber was soll mit der Großmutter passieren? Sie ist alt und will nirgendwo anders hin, was soll sie auch da?