Nigeria
Nigeria als britische Kolonie
1862 erklärten die Briten zunächst die Stadt Lagos zu ihrem Protektorat, 1886 dann zur Kronkolonie. Großen Einfluss besaß die Handelsgesellschaft Royal Niger Company, die Land in der Mitte und im Norden in Besitz nahm und Grenzen absteckte, auch gegen französischen und deutschen Einfluss. 1899 verkaufte sie ihr Land an die britische Regierung. In den nächsten Jahren wurde das übrige Land, insbesondere das Kalifat von Sokoto, endgültig erobert.
Es entstanden zunächst die Kolonien Süd-Nigeria und Nord-Nigeria. 1914 wurden sie zu einer einzigen Kolonie vereinigt. Dennoch war das Land gespalten. Im Norden galt das Indirect Rule, das heißt die bisherigen Herrscher, zum Beispiel der Kalif von Sokoto, behielten ihre Macht und übten diese vor Ort aus. Sie zogen zum Beispiel für die Briten die Steuern ein oder setzten Anweisungen der Briten durch. Im Gegenzug durfte etwa das islamische Recht, die Scharia, weiter angewandt werden. Im Süden, etwa bei den Igbo, war diese Art der Machtausübung so nicht möglich, da es dort gar keine Herrschaftsstrukturen gab (also keine Häuptlinge oder Könige).
Insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg nahmen die Bestrebungen nach Unabhängigkeit in vielen afrikanischen Staaten zu, so auch in Nigeria. In den 1950er Jahren wurde Nigeria in drei Regionen geteilt (Norden, Südwesten, Südosten), die eine eigene Verwaltung und Volksvertretung erhielten. 1960 wurde Nigeria in die Unabhängigkeit entlassen.
Unabhängigkeit von Nigeria
Die ersten Jahre der Unabhängigkeit waren von Unruhen und Gewalt geprägt. 1966 gab es einen Militärputsch, durch den Johnson Aguiyi-Ironsi an die Macht kam. Er gehörte dem Volk der Igbo an. Er wurde bei einem weiteren Putsch durch Vertreter des Nordens ermordet. Yakubu Gowon wurde Staatspräsident. Er unterdrückte die Igbo.
Biafra-Krieg und Putsche
Der Gouverneur der Ostregion (wo vor allem Igbo wohnen), Ojukwu, reagierte darauf, indem er den Südosten von Nigeria als Republik Biafra für unabhängig erklärte. Das war am 30. Mai 1967. Es kam zum Biafra-Krieg, der 1970 mit der Niederlage Biafras endete.
Es war ein Bürgerkrieg, der mehr als eine Million Opfer forderte. Viele Menschen, vor allem Kinder, hungerten während des Krieges. Die Kinder, die an Mangelernährung litten, wurden als Biafra-Kinder bezeichnet, weil das so oft vorkam.
Mehrere weitere Putsche folgten in den kommenden Jahrzehnten in Nigeria. Unter Sani Abacha wütete die Diktatur besonders brutal. 1995 wurde Nigeria darum aus dem Commonwealth of Nations ausgeschlossen und von vielen Staaten geächtet.
Demokratisierung Nigerias
1998 setzte unter Abdulsalami Abubakar die Demokratisierung Nigerias ein. Politische Gefangene wurden entlassen, Wahlen durchgeführt.
Olusegun Obasanjo wurde 1999 Präsident. Bis 2007 blieb er im Amt.
Im Norden wurde im Jahr 2000 das islamische Recht (Scharia) eingesetzt, gegen den Widerstand der christlichen Minderheit.
Boko Haram
Anfang der 2000er Jahre gründete sich im Nordosten von Nigeria eine islamistische Gruppe namens Boko Haram. Das kann man in etwa übersetzen mit "Bücher sind Sünde" oder "Bildung ist verboten". Die Gruppe möchte das islamische Recht, die Scharia, in ganz Nigeria einführen. Sie tritt außerdem für das Verbot westlicher Bildung ein.
Vor allem ab 2010 kam es zu zahlreichen Anschlägen und Angriffen. Diese richten sich insbesondere gegen Christen, aber auch gegen andersdenkende Muslime. Es gab viele Tote und sehr viele Menschen flohen vor dem Terror. 2014 entführte Boko Haram eine große Anzahl von Schülerinnen aus ihrer Schule. 2020 kam es erneut zu einer Massenentführung von Schülern.
Seit 2015 werden aber auch Erfolge gegen Boko Haram verbucht. 2022 war die Gruppe weitgehend aufgelöst.
Entwicklungen in Nigeria seit 2007
2007 wurde Umaru Yar’Adua neuer Präsident. Als der erkrankte, übernahm sein Vizepräsident Goodluck Jonathan die Amtsgeschäfte und wurde 2010 nach Yar'Aduas Tod dessen Nachfolger. Bei den Wahlen 2011 wurde er im Amt bestätigt.
Im März 2015 wurde Muhammadu Buhari von der sozialdemokratischen Partei APC neuer Präsident. Er wurde 2019 wiedergewählt und begann seine zweite Amtszeit. Buhari stammt aus dem Norden Nigerias und ist ein Fulbe. Buhari stellte die Wirtschaft Nigerias breiter auf, kämpfte gegen Korruption, baute die Infrastruktir stark aus und konnte Erfolge gegen Boko Haram verzeichnen. Allerdings nahm auch die Kriminalität in Nigeria stark zu.
2023 gewann Bola Tinubu die Wahl. Er steht vor großen Herausforderungen, insbesondere der Bekämpfung der Kriminalität. Er ist Yoruba und stammt aus dem Süden des Landes. Außerdm ist er Muslim. Die Herkunft der Politiker spielt in Nigeria eine große Rolle, da viele Menschen eher nach der Zugehörigkeit zu einer Ethnie und nach ihrer Religionszugehörigkeit wählen als nach dem Wahlprogramm.