Türkei
Zweiter Weltkrieg und Kalter Krieg
Aus dem Zweiten Weltkrieg hielt sich die Türkei heraus, sie blieb zunächst neutral. Gegen Kriegsende stellte sie sich allerdings noch auf Seiten der Alliierten. Später wurde sie ein Teil der NATO und stand im Kalten Krieg somit auf Seiten der USA.
In den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts begann für die Türkei eine politisch angespannte und unruhige Zeit. Der Ministerpräsident des Landes, Adnan Menderes, wollte die Rolle des Islams im Land stärken und trieb die Türkei außerdem mit dem Ziel, die Industrialisierung voranzutreiben, in die Schulden. Cemal Gürsel putschte ihn 1960 aus seiner Position und ließ ihn hinrichten.
Es folgte eine Zivilregierung, Spannungen und Terroranschläge von linken und rechten Extremisten und dann elf Jahre später ein weiterer Militärputsch. Von da an wurden die Rechte der Bevölkerung weiter eingeschränkt und die Macht der Regierung ausgeweitet.
Die Türkei und Zypern
Auf der Insel Zypern weitete sich in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts ein Konflikt zwischen Griechenland und der Türkei aus. Die dort lebende türkische Minderheit kämpfte für mehr Rechte und gegen Diskriminierung durch die griechisch-zypriotische Bevölkerung.
Dieser Konflikt fand in bürgerkriegsähnlichen Zuständen seinen Ausdruck. Als Zypern 1974 zu einem Teil Griechenlands erklärt wurde, marschierten türkische Truppen ein und besetzten den Norden der Insel. Der Konflikt mündete schließlich 1975 in die Teilung Zyperns. Darüber erfährst du mehr bei der Geschichte Zyperns.
Kurden in der Türkei, Türken in Kurdistan?
Die Kurden sind eine der weltweit größten Volksgruppen ohne einen eigenen Staat. Der größte Anteil der kurdischen Gemeinschaft lebt in der Türkei.
Dort wurden ihre kulturellen Unterschiede und ihre eigenen Traditionen jedoch lange nicht berücksichtigt. Stattdessen behauptete man, sie seien Türken. Die Minderheit wurde zur Anpassung gedrängt und die türkische Regierung diskriminierte sie, indem sie ihnen das Ausleben ihrer Kultur verbot.
Viele Kurden wehrten sich gegen diese Unterdrückung und so entstand 1978 die Arbeiterpartei Kurdistans, die PKK. 1984 begann die PKK, gegen das türkische Militär und für mehr Rechte ihrer Volksgruppe und einen unabhängigen kurdischen Staat (Kurdistan) zu kämpfen. Allerdings war das türkische Militär viel stärker und so kam es zur Zerstörung kurdischer Dörfer und der Vertreibung und Ermordung vieler Kurden.
Erst 1991 wurde die Volksgruppe der Kurden als ethnische Minderheit akzeptiert. Damit hatten die Kurden zwar erreicht, dass man sie als eigenständige Volksgruppe und somit auch ihre Sprache und Kultur anerkannte, doch hatten sie immer noch keinen eigenen Staat. Das wollte die türkische Regierung auch weiterhin verhindern.
Deshalb fanden die Kämpfe weiter statt und das türkische Militär ging sehr hart gegen die Kurden vor, die ihrerseits immer wieder Anschläge in der Türkei verübten. Das mündete in den 1990er Jahren schließlich in einen Angriff der türkischen Armee gegen die PKK. Dabei starben sehr viele Kurden und es wurden zahlreiche kurdische Dörfer vernichtet. Auch heute kommt es immer wieder zu Kämpfen zwischen Kurden und dem türkischen Militär.
Politische Unruhen
Während der 1980er Jahre kam es zu massiven Unruhen und die türkische Regierung ging hart gegen Oppositionelle und vor allem die Kurden vor. Zwischenzeitlich wurde sogar das Kriegsrecht verhängt, was dem Militär noch mehr Macht verlieh, gegen die eigene Bevölkerung einzuschreiten. Es gab Inhaftierungen, Folter und Hinrichtungen.
Unterdrückungen und Missachtungen der Menschenrechte durch die türkische Regierung verhindern bis heute, dass die Türkei in die Europäische Union aufgenommen wird. Den Antrag dazu hatte sie schon 1987 gestellt. Die Türkei versucht immer wieder, sich dem Westen anzunähern und ist auch ein fester Bestandteil der NATO. Während des Irakkriegs unterstütze sie die USA. Allerdings sorgen nationale Interessen immer wieder zu Spannungen mit anderen Mitgliedsstaaten der NATO. Beispielsweise kritisieren viele NATO-Mitglieder das Vorgehen der Türkei gegen die Kurden.
Die weitere Entwicklung
Staatschef Bülent Ecevits (1999-2000) verhalf der Türkei zu mehr Demokratie und stärkte die Menschenrechte im Land, außerdem schaffte er die Todesstrafe ab. Er kam den Kurden im Land entgegen, indem er ihnen die Möglichkeit gab, ihre eigene Kultur in der Türkei freier auszuleben.
2001 kam eine Partei namens AKP (Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung) an die Macht, die diese Fortschritte anfangs weiterführte. Doch dadurch konnten die politischen Unruhen nicht vollends beendet werden. 2003 kam es zu Anschlägen durch die islamistische Al-Quaida-Organisation. Auch zwischen der PKK und dem türkischen Militär kam es immer wieder zu Kämpfen. Diese dauern bis heute an und fordern zahlreiche Opfer vor allem auf kurdischer Seite.
Ein wichtiges Datum für die politische Geschichte der Türkei ist der 3. Oktober 2005. Warum? An diesem Tag begannen die offiziellen Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union. Doch bis zum tatsächlichen Beitritt ist es noch ein sehr langer Weg, denn die islamisch-konservative AKP bringt die Türkei in Sachen Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit kaum voran. Auch der Schutz von Minderheiten in der Türkei, den die EU gefordert hat, wird von der Regierung nicht gewährleistet. Im Gegenteil - das Militär geht weiter hart gegen die Kurden im Land vor.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Türkei Mitglied der Europäischen Union werden könne, nahm immer weiter ab.
Aktuelle Politik
In den letzten Jahren spielte die Türkei eine wichtige Rolle in der europäischen Politik. Während des Syrienkriegs nahm das Land zahlreiche Flüchtlinge auf und bekam von der EU dafür finanzielle Unterstützung.
Im Gegenzug fordert die türkische Regierung um den jetzigen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, dass die EU-Beitrittsverhandlungen weitergeführt werden. Dagegen sträuben sich aber wiederum zahlreiche Politiker in der EU. Die türkische Regierung geht weiterhin massiv gegen die kurdische Minderheit in und außerhalb der Türkei vor und verletzt regelmäßig die Menschenrechte.
Putschversuch und Ausnahmezustand
Vom 15. auf den 16. Juli 2016 gab es einen Putschversuch gegen Erdogan. Dieser blieb erfolglos und wurde von Staatschef Erdogan genutzt, um seine Macht politisch und militärisch zu stärken. Der Ausnahmezustand dient dem Präsidenten als Rechtfertigung für willkürliche Verhaftungen, vor allem von kritischen Journalisten. Unter ihm werden Meinungs- und Pressefreiheit extrem eingeschränkt, was die EU stark kritisiert.
Präsidialsystem
Im Jahr 2017 gab es in der Türkei ein so genanntes Verfassungsreferendum, durch das einige Artikel der Verfassung geändert wurden. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung stimmte dieser Änderung zu. Am bedeutendsten war, dass die Rechte und der Einfluss des Präsidenten erheblich gestärkt wurden. Manche Kritiker sind der Meinung, dass die Wahl manipuliert wurde. Das zuvor parlamentarische System wurde jetzt so stark auf den türkischen Präsidenten zugeschnitten, dass wir mittlerweile von einem Präsidialsystem sprechen.
2023 wurde Erdogan wieder gewählt
Im Mai 2023 gab es eine erneute Präsidentenwahl in der Türkei, zu der Erdogan auch wieder antreten durfte. Groß waren die Hoffnungen der Opposition und auch vieler Menschen im Ausland, dass der Gegner von Erdogan mit dem Namen Kemal Kılıçdaroğlu die Wahl gewinnen würde. Es kam auch tatsächlich zu einer sogenannten "Stichwahl". So musste ein zweites Mal gewählt werden und nur diese beiden Kandidaten traten zur Wahl an. Und Erdogan konnte auch diese Wahl wieder gewinnen.